Von Wanaka nach Queenstown

Die Gabe, gute Entscheidungen zu treffen kommt allerdings anscheinend mit dem Manko daher, sich zum ersten mal im Leben aus dem Auto auszusperren. Sobald ich abends in den Kofferraum klettere, mache ich das Auto von innen an der Fahrertür komplett per Zentralverriegelung zu. Morgens suche ich normalerweise zu allererst nach dem Schlüssel, naja, das habe ich an diesem morgen nicht gemacht. Also ausgestiegen, in die Wolken geblinzelt und wumms, hat der Wind die Tür auch schon zugeschlagen. Auto zu, Simon draußen, ohne Schlüssel, ohne Handy, ohne Geld aber glücklicherweise schon mit Hose. *puh*


Bei Kilometer 25 zieht der gelbe Engel zum ersten mal die Augenbraue hoch und hält mich ab Kilometer 30 im Sekundentakt auf dem Laufenden, um wieviel ich mich aktuell gerade verschätzt habe mit meiner Entfernungsangabe. 46 (!) Kilometer von Wanaka entfernt finden wir endlich mein Auto, mein Kfz-Retter holt sein Einbrecher-Equipment heraus und hat das Auto innerhalb von Sekunden aufgeknackt... ohne auch nur die geringste Spur am Lack oder sonstwo. Als letzte Info lässt er mich noch wissen, dass mich das ohne Road Side Service Versicherung wohl so locker um die 300 NZD gekostet hätte. Glücklicherweise habe ich für 90 NZD eine solche Versicherung abgeschlossen, womit ich den ganzen Spaß umsonst bekommen habe. Ich hatte mich zwar gerade wie ein Blödmann aus dem Auto ausgesperrt und war (nur!) eine gute Stunde damit beschäftigt, wieder hinein zu kommen, aber in diesem Moment fühlte ich mich, als hätte ich gerade ein Schnäppchen geschossen, weil jemand beim Preisschild einen Kommafehler gemacht hatte. Dämliches Gefühl, aber egal.
Mittlerweile war der Schnee vom Vortag auf dem Pass wieder abgetaut, so dass dieser auch für Luschenautos wie meines eins ist, passierbar war. Am höchsten Punkt des Passes stand ich am Aussichtspunkt dann doch auf einmal wieder im Schnee und war fasziniert, was so ein paar Höhenmeter doch gleich für eine Auswirkung haben können. Ich fuhr die kurvige Bergstraße vorsichtig wieder herunter und nutzte so ziemlich jede Haltebucht, um den Ausblick für einen weiteren Moment zu genießen.





Ich war also sehr gespannt auf diese obskure Umzäunung, wurde allerdings enttäuscht. Der Bra Fence besteht nicht mehr. Mein gelber Engel brachte mich auf der unterschätzt langen Fahrt auf den aktuellen Stand: 2007 hatte ein amerikanischer Farmer ein Stück Land gekauft, an dem der Bra Fence vorbei führte. Der Farmer importierte die Doppelmoral des amerikanischen Fernsehens (Brustansätze werden zu jeder Tages- und Nachtzeit zensiert, aber das Kinderprogramm am Nachmittag wird schon mal für einen Selbstmörder mit Pumpgun auf dem Highway unterbrochen, dessen auf dem Asphalt verteilte Hirngrütze dann in Großaufnahmen gezeigt wird) und ging durch alle Instanzen, um den Bra Fence entfernen zu lassen und schaffte es schlussendlich, als ein Gericht ihm zustimmen musste, dass der Zaun ein Sicherheitsrisiko darstellt, da er Autofahrer ablenke. Und tatsächlich war es auf der Strecke schon zu Auffahrunfällen gekommen, weil übermüdete Familienväter am Steuer eines weißen Urlaubscontainers dann doch nicht die Augen von der Reizwäsche nehmen konnten und wem anders drauffuhren, der sich das ganze noch etwas länger und genauer anschauen wollte, ohne dafür aber die Straße zu verlassen.
Nicht weiter schlimm, am höchsten Punkt des Haast Passes gab es auch so genügend Hügel zu betrachten.

Für mich ging es weiter nach Arrowtown, einem forciert idyllischen Dorf, das sich so dermaßen dem Goldgräber-Motto verschrieben hat, dass selbst der Immobilienmakler in einer Kaschemme untergebracht ist, die problemlos einem Lucky Luke Comic entsprungen sein könnte.

In Queenstown angekommen wird schnell klar, warum das die Funsport-Hauptstadt Neuseelands ist. Es gibt schneebedeckte Berge in nächster Nähe, einen See, der in eine wassergefüllte Schlucht übergeht und eine Menge Sonnentage, die zusammen mit stabilen Windverhältnissen hunderte von Touris täglich in die Luft gehen lassen. In der Hauptstraße laufen auch dementsprechend viele Teenis rum, die in wenigen Stunden ganze Bruttosozialprodukte kleiner afrikanischer Staaten in Nervenkitzel investieren. Ich fühle mich plötzlich ganz alt und buche mit dem durch Übernachtungen in der freien und kostenlosen Natur gesparten Geld einen Fallschirmsprung aus 12.000 Fuß für den nächsten Tag. Etwas paralysiert davon, dass ich jetzt nicht mehr wirklich einen Rückzieher machen kann, schiebe ich mir bei Fergburger einen Gourmetburger vom Feinsten rein und latsche dann die überflüssigen Kalorien im Stadtpark am See ab, wo es einen Frisbee-Golfplatz gibt. Frisbee-Golf! Wie cool ist das denn bitte!?!







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