Sonntag, 29. Juni 2008

"How are you?"

Meine zweite interessante Begegnung hatte ich ebenfalls vorgestern in einem recht großen Buchladen in der Nähe des Campus (Detail auf Foto). Dort war ich auf der Suche nach einer brauchbaren Straßenkarte von Auckland und Umgebung. In Deutschland waren wir dabei im Vorfeld eher mäßig erfolgreich. Ich blieb am Regal mit den Neuseeland-Bildbänden hängen, die man einfach nicht aus der Hand legen kann. Da höre ich neben mir jemanden deutsch sprechen.
Das ist keineswegs ungewöhnlich, deutsch hört man hier öfter im Vorbeigehen oder am Nebentisch im Burger King, wo man die Leute aber nicht ansprechen will, weil sie sich auf deutsch so unterhalten als könnte sie wirklich keiner verstehen und sich so aufführen als könnte sie auch keiner sehen. Abgesehen vom Benehmen hat das vielleicht der eine oder andere von Euch auch schon erlebt, der neben Deutsch auch in anderen Sprachen fremde Gespräche belauschen kann. Ihr würdet z.B. nicht glauben, über was für abstruse Bett-Vorlieben sich zwei polnischsprachige Hausfrauen beim Einkauf im Aldi über zwei Tiefkühlregale hinweg unterhalten können, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken oder gar das Kilo Pfefferlinge fallen zu lassen, das die eine der anderen zwecks Wegersparnis zuwirft.
Egal, ich schweife ab, die drei jungen Männer im Buchladen sahen zumindest recht harmlos aus und benahmen sich auch sonst ganz gemäß den deutschen Tugenden, indem sie keine Buchseiten umknickten und so. Ich sprach sie an...

"Hey, tschuldigung für die Störung... Ihr kommt auch aus Deutschland? Was macht Ihr denn hier in Auckland?"
"Ach kein Problem... äh, studieren."

Zu diesem Zeitpunkt hatten sich zwei der drei schon offensichtlich desinteressiert irgendwelchen Kochbüchern im Nebenregal zugewendet. Der dritte und zu seinem Leidwesen Angesprochene hielt sich noch wacker über drei Zeilen Wettergequatsche und brachte sogar noch die Frage "Und wie gefällts Dir so?" heraus, die ungefähr so ernst gemeint war und auf genauso viel Antwortvolumen abzielte, wie das "How are you?" beim Betreten einer britischen Postfiliale. Ein paar Augenblicke später entließ ich den armen Mann aus seiner Konversationspflicht.
Da stellt sich mir doch glatt die Frage: Sind die Deutschen selbst im Ausland noch so kontaktscheu und zurückhaltend, wie ihnen manchmal nachgesagt wird? Nicht dass ich etwas gegen gesunde Skepsis gegenüber potentiellen Gesprächspartner hätte, aber in diesem Fall hätte ein an mich gerichtetes "Geh weg, Du stinkst!" die effizientere Methode dargestellt, einen ähnlich ausführlichen Gesprächsinhalt zu kommunizieren, wie es die stattgefundene Unterhaltung tat. Den Wahrheitsgehalt der eben genannten, alternativen Antwortmöglichkeit hab ich übrigens kurz nach dem Kauf der mittlerweile gefundenen Straßenkarte überprüfen lassen. Die Behauptung stellte sich als nicht haltbar heraus.

Vielleicht habe ich noch mal die Gelegenheit, die hier im Einzelfall demonstrierte Kontaktscheu der Deutschen im Ausland zu untersuchen. Bei den nächsten werde ich versuchen, mich gegen den Wind nah genug heran zu pirschen.

2 Kommentare:

Markus hat gesagt…

Der letzte Satz ist der Hammer. Ich liebe deinen Erzählstil.

Deutsche gelten als kontaktscheu? Quatsch, die Kontaktfreudigen verstecken sich nur. :o

Viele Grüße vom freudig arbeitenden Markus.

Simon hat gesagt…

THX! :)

Die Kontaktfreudigen sind alle im Internet! ^^ Dabei kann man sich auch sehr gut verstecken. :P