Dienstag, 12. August 2008

Metallpilze

Etwas nördlich von Auckland liegt der Vorort Devonport, der sich laut Reiseführer prima für einen Tagesausflug eignet. Eigentlich gut per Fähre zu erreichen, aber ich wollte unabhängig sein von den Abfahrtszeiten, also nahm ich den kleinen Umweg über die riesige Harbour Bridge und den vor Devonport gelegenen Ort Takapuna in Kauf. Nach einem weiteren Umweg auf meinem Umweg (die Highway Ausfahrten sind hier irgendwie nicht immer mit ihrem Ziel beschildert) parkte ich meine Karre in Devonport an der Hauptstraße. Dann ging es per pedes weiter.
In Devonport gibt es zwei Vulkankegel, die beide auf dem Programm standen. Auf beiden Anhöhen findet man heute noch Bunkersysteme und Geschützstellungen sowie Kanonen, die alle Ende des 19. Jahrhunderts erbaut wurden, um einer eventuellen russischen Invasion Parolie bieten zu können. Die Russen hatten derzeit andere Probleme, was die Neuseeländer aber nicht davon abhielt, die Wehranlagen im Laufe des ersten und zweiten Weltkriegs auszubauen.
Als erstes stieg ich auf den Mt. Victoria, auf dem immer noch eine beachtliche Kanone installiert ist.


Wie sinnfrei diese ganze Aufrüstaktion war, kann man sehr gut einer Infotafel über den Aufbau dieser Wehranlagen entnehmen, die dort angebracht ist. Im Grunde läuft es auf Folgendes hinaus: Irgendein taktischer Fiffikus des verflossenen Jahrhunderts setzte sich in den Kopf, dass es doch total praktisch wäre, ein in den Boden versenkbares Großkalibergeschütz auf dem Mt. Victoria anzubringen. Also wurde zuerst die zu verwendende Kanone angefertigt. Da so ein Ding nun mal einiges wiegt, stellte sich dem ganzen nun das Transportproblem in den Weg, da es zu der Zeit noch keine bequem geteerte Straße gab, die den ganzen Weg hinauf zum Vulkanhügel führte. Also wurde kurzerhand ein Schienenstrang verlegt, über den die Kanone den Berg hinaufgezogen wurde. Oben angekommen wurde sie in einer geschaffenen Senke in ein Hydrauliksystem montiert, mit dem sie im Bedarfsfall aus der Senke herausgehoben werden konnte und außerhalb eines Gefechtes - eingefahren - kaum sichtbar war. Dieser Vorteil der "versteckbaren" Kanone hatte allerdings den Nebeneffekt, dass der Ladevorgang theoretisch diverse Minuten dauerte, da die Kanone nach jedem Schuss wieder eingefahren werden musste, um nachgeladen zu werden. Theoretisch deswegen, weil die Kanone - nach dem ganzen Aufwand, der deswegen über die Jahre hinweg getätigt worden war - nur ein einziges mal abgefeuert wurde. Dieser Testschuss ließ Mt. Victoria dermaßen erzittern, dass etwas weiter unten diverse Glasscheiben zu Bruch gingen, was heftigen Protest der Bevölkerung zur Folge hatte, voraufhin beschlossen wurde, die Kanone nicht erneut abzufeuern und die Munition zu entfernen. Bergab lassen sich Kugeln ja auch einfacher transportieren... naja.
Ganz unabhängig von der im Nachhinein nutzlosen Aufrüstung (die Russen hätten ja auch kommen können) hatte man einen grandiosen Ausblick in alle Richtungen.

Ruhig mal auf die Vorschau draufklicken, es ist eine etwas größere Version hinterlegt. ;)

Das hier (s.o.) ist der Blick Richtung Osten. Technisch gesehen sind das ca. 180°, aber Osten ist in der Mitte, wo man am Horizont die etwa sieben Kilometer entfernte Vulkaninsel Rangitoto Island sieht, die erst 600 Jahre alt ist. Auf dieser Insel waren früher Übungsziele für die Geschütze am North Head installiert. North Head ist übrigens die oben erwähnte zweite Anhöhe und ist im rechten Drittel des Panoramas zu erkennen.
In Richtung Süden gab es dann noch einen tollen Ausblick auf Auckland.


Die Rasenfläche über den Bunkern auf Mt. Victoria war übrigens über und über mit solchen Metallpilzen bedeckt, deren philosophische Bedeutung mit Sicherheit genügend Stoff für eine Abschlussarbeit geboten hätte, in erster Linie stellen die Dinger aber - neben der Aussicht - einen echten Touri-Magneten dar. Da ich etwas länger auf dem Hügel war als der durchschnittliche Tourist, konnte ich das sich wiederholende Verhalten mehrmals beobachten: Tourigruppe kommt per Auto an... wow, was für ein Ausblick... hey, guck mal, da sind Pilze!... ob man sich da draufstellen kann?... Und schon artete das ganze in einen immer wiederkehrenden Contest aus, der da lautet: Wie viele Chinesen bekommt man gleichzeitig auf einen Fliegenpilz?

Nach dem Abstieg ging es durch eine niedliche Wohngegend mehr oder weniger direkt an den Cheltenham Beach. Dort wurde ich zwar einmal wieder von einem kurzen Schauer erwischt, der nach seinem Abzug aber für ein paar Sekunden einen doppelten Regenbogen hinterließ.





Cheltenham Beach führt zu der Landzunge, auf der North Head gelegen ist. Der Sand geht dort in schwarzes Lavagestein über, auf dem sich direkt am Wasser tausende von kleinen Muscheln so festgesetzt haben, dass sie z.T. schon in den Stein übergehen. Wie sowas zustande kommt, müsst Ihr einen Geologen/Biologen(?) fragen, faszinierend anzusehen war es allemal.



Kurz nach Sonnenuntergang...

...wurde dann noch North Head umrundet, wo die nächsten verlassenen Geschütze gefunden wurden.

Mit einem letzten Blick auf das abendliche Auckland trat ich den Rückweg über die Uferpromenade von Devonport an.

Keine Kommentare: