Montag, 14. Juli 2008

Mangrovensümpfe

Von Whangarei bis Russell

Da die guten Leute im Manaakitanga Whangari mir das Privileg einer Elektroheizung in unserem Zimmer gewährten, erwachte ich am Sonntag letzter Woche ausgeruht und nicht unterkühlt aus Albträumen über Riesenglühwürmchen. Ratzfatz räumte ich das Zimmer und holte das am Vortag leider ausgefallene Schuhshopping nach. Die sehr freundliche Verkäuferin in dem Laden hat sicherlich auf dem Weg zum Lager und zurück, den sie für mich mehrmals zurücklegte, um Schuhe zu transportieren, ihrem persönlichen Paar einige Jahre Lebenserwartung entzogen. Naja, schließlich wird sie ja bezahlt dafür und bekommt bestimmt Rabatt beim Neuschuhkauf. Aber sie hat sich wirklich so viel Mühe gemacht, dass ich mir schon ein wenig doof vorkam. (Um sicherzugehen, dass sie meine Schuhgröße auch richtig in das hier übliche Maß umgerechnet hatte, schleppte sie zur Sicherheit gleich drei Schuhkartons an... und das bei ca. fünf anprobierten Paar Schuhen. Respekt von meiner Seite, das ist mir in Deutschland noch nie passiert.) Schließlich wurde etwas in Maß und Style passendes gefunden und gekauft (hier ist grad Winterschlussverkauf!).
Weiter gings ins "Caffeine" zum Frühstück. Dort habe ich zum ersten mal seitdem ich hier bin Körnerbrot gesehen. In den Supermärkten gibt es eigentlich nur Weißbrot und zwar in allen denkbaren Formen und Größen. Dieses Körnerbrot wurde auch gleich an der Menu-Tafel explizit erwähnt und beworben, als wäre es eine Besonderheit, was es hier ja auch irgendwie ist. Diese Menu-Tafel ist übrigens in vielen Bistros bzw. Café hier Standard. Es gibt also keine Karte am Tisch, von der man ablesen kann, was es so an Nahrung und anderem zu bestellen gibt, sondern es gibt eine große Tafel, die meistens an der größten Wand der Lokalität hängt und mit den aktuellen Angeboten vollgeschrieben ist. Das hat den meiner Meinung nach unangenehmen Nebeneffekt, dass alle Gäste, die nicht schon seit 15 Jahren jeden Morgen immer den gleichen Kaffee bestellen, erstmal mitten im Raum stehen bleiben und die Wand bzw. Tafel anstarren. Das kommt besonders gut, wenn man zufällig den Tisch direkt vor der Tafel ausgewählt hat, um sich sein Frühstück reinzupfeifen. Dann hat man nämlich das Gefühl, dass einem jeder einzelne Gast (bis auf die eben genannten Stammgäste natürlich) gleich nach dem Hereinkommen ins Essen glotzt. Das also nur als Tipp für neuseeländische (und sonstwoländische, in denen es auch eine Tafel gibt) Cafés: Setzt Euch bloß nicht in die Nähe der Tafel! ;)

Schon beim Verspeisen des Körnerbrotes wurde die kleine Infobroschüre über Whangarei wieder hervorgeholt. Laut Reiseführer sollte es einen recht schönen Wanderweg durch Mangrovensümpfe geben ("Whangarei Walkway"), der auch über eine 300m lange Holzbrücke führt, von der man angeblich einen sehr guten Überblick über die Landschaft haben sollte. Den Ausblick von der Holzbrücke wollte ich mir nicht entgehen lassen, also wurden die Salatbeilagen brav heruntergewürgt während der Wagen schon mal vorgefahren wurde und die neuen Schuhe der Ausführung "leichter Wanderer" geschnürt wurden. Der Walkway war schnell gefunden, aber es stellte sich heraus, dass die Leute vom Lonely Planet (das ist der führende Reiseführer^^ für NZ) in diesem Fall nicht ganz akurat gearbeitet hatten. Erstens gab es keine Holzbrücke in versprochener Länge und zweitens war damit auch der Ausblick gegessen. Ich glaube, die guten Autoren wollten sich den Fußweg sparen und haben einfach das Infoblatt über Whangarei überflogen und den falsch verstandenen Inhalt dann gedruckt. Im Infoblatt stand z.B. über einen ganz anderen Walkway, dass dieser an ehemaligen Bahngleisen vorbeiführt, die auch eine alte 300m lange Eisenbahnbrücke enthalten, die allerdings nicht mehr begehbar ist. Lonely Planet verfrachtet diese Eisenbahnlinie einfach mal ein paar Kilometer weiter nach Norden, gibt dem Walkway einen anderen Namen und erklärt die baufällige Brücke exklusiv für Fußgänger eröffnet. Ein dickes Minus für Lonely Planet an dieser Stelle! Beim nächsten Trip verlasse ich mich nicht mehr blind darauf.
Aber so bekam ich wenigstens einmal die Mangrovensümpfe zu sehen, von denen einiges an Fläche im Norden Neuseelands bedeckt ist. Auf die Dauer ist es eine recht einseitige Vegetation, verlaufen möchte ich mich darin nicht. Vielleicht sieht es hier im hiesigen Sommer aber auch ganz anders aus, das will ich nicht ausschließen, eventuell blühen dann ein paar mehr Pflanzen. Egal, ein paar kleine Brücken waren sogar auch noch im Weg verbaut, also habe ich ja fast das bekommen, was ich erwartet hatte... nur anders und mit einer ganzen Portion Dschungel-Feeling.




Nachdem ich mein Auto auf dem schlammigen Parkplatz von unten bis oben mit Dreckspritzern vollgekleckert hatte, konnte es auch schon weitergehen in Richtung Norden auf dem Highway 1. Kurz nach Kawakawa (der Ort ist bestimmt mal von polnischen Einwanderern aus der Kaffee-Industrie gegründet worden) verließ ich den Highway 1 Richtung Osten und war binnen Minuten auf einer Schotterpiste mitten durch den Busch unterwegs. In Russell angekommen war es gar nicht so einfach, eine Unterkunft zu finden, weil für die Jahreszeit ungewöhnlich viel Betrieb herrschte. Ich landete dann im "Sheltered Waters", einem Einfamilienhaus mit vier Gästezimmern, das ich im Grunde dann ganz für mich hatte, weil sonst keine Gäste da waren. So ließ ich den Abend zusammen mit der Haushälterin und den Katzen Garfield und Fatty am Kamin vor der Glotze ausklingen und ertrug den aktuellen Superman dank Kevin Spacey als Lex Luthor.

Am nächsten Tag war dann die Bay of Islands dran.

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