Mittwoch, 2. Juli 2008

Who likes short shorts?

Auckländer glauben nicht an fest installierte Heizungen oder angemessene Wärmedämmung eines Eigenheims. Im Normalfall müssen sie das auch nicht, denn der Wettergott (wie der hier heißt, muss ich noch erfragen... momentan hab ich anderes zu tun.^^) gewährt ihnen in mindestens sieben von zwölf vorhandenen Monaten seine volle, ungefilterte, UV-haltige Zuneigung und zwei Übergangsmonate sind so lala. Das ist eine ganz gute Ausbeute, aber schließlich huldigen sie ihm auch während der restlichen drei Monate durch das Tragen der Kleidung, die sie sonst in den anfangs erwähnten sieben Monaten tragen. Klingt verwirrend, erscheint kälte-klirrend und genau darauf läuft das auch hinaus:
Denn wie allgemein bekannt ist momentan auf der Südhalbkugel Winter und der Winter in Auckland ist in diesem Jahr besonders kalt und regnerisch, wie ich mir habe sagen lassen. Mit kalt meine ich 13°-16° und mit regnerisch meine ich keine Massen an Wasser, sondern kurze, aber unberechenbare Schauer, die am Tag schon mal so um die zwei Dutzend mal kommen und auch genauso schnell wieder gehen können. Ich, der ich eine megasportliche Windjacke mein Eigen nennen darf, würde von meinem europäisch geprägten Standpunkt aus behaupten, dass das doch zumindest von den Temperaturen her ganz aushaltbar ist für einen Winter... jaja, wenn man nicht zwecks Wintersport auf Schnee angewiesen ist aber dafür könnte man auf die Südinsel fahren... und an den Regen gewöhnt man sich auch ganz schnell... dauert ja eh nie länger als man zum nächsten Unterstand / Starbucks laufen kann.
Den größeren Teil der Auckländer kümmert dieser Umstand aber anscheinend nicht, dass es eben mindestens drei Monate im Jahr gibt, die nun mal zu kalt sind für T-Shirt und Shorts und Badelatschen bzw. Fußkastagnetten. Meistens bin ich ja derjenige, dem es immer irgendwie zu heiß ist, aber da kann ich nicht mithalten. Das beste ist: Anscheinend bestehen die Schuluniformen der Kinder hier sogar aus einem dünnen Pulli und kurzen(!) Hosen. Ich weiß nicht, ob es wirklich nichts anderes für die Schule zum Anziehen gibt oder ob da die vollherzige Wettergottesfurcht lobpreisend dargebracht wird, auf jeden Fall laufen hier extrem viele Schulkinder mit offiziell von den jeweiligen Schulen zur Verfügung gestellten Klamotten rum, bei denen mir die Stimme meiner Ma dumpf in Erinnerung schallt: "Mensch Junge, zieh Dir was an! Und hier die Mütze... und hier die Handschuhe..."

Genau aus diesen Gründen gibt es in Auckland keine festen Heizungen in Gebäuden. Es gibt elektrische Heizlüfter, die für die Übergangszeit zwischen den Sommern aus dem Schrank geholt werden. Diese Heizlüfter erzeugen dann mit teurer elektrischer Energie (auch hier sind die Strompreise in den letzten Monaten erheblich gestiegen, jeder Auckländer beschwert sich drüber) teure elektrische Wärme, die dann elektrisch durch den Raum gepustet wird und dann durch die Ritzen zwischen Wand und unabgedichtetem Fenster verschwindet. Macht aber nix, schließlich ist es eigentlich eh warm genug, dauert halt nur drei Monate, bis man es merkt.
Oder - und das ist die umweltfreundlichere Variante - die Heizlüfter werden erst gar nicht aus dem Schrank geholt und man lässt die Gäste im Hostel Tag und Nacht einfach frieren, schließlich sei es ja eigentlich warm genug, man habe ja selbst Shorts an, guck hier!

Auch wenn sich das mit den Shorts so nicht ganz im Hostel zugetragen hat, war es doch verdammt kalt dort. Aber auch recht günstig. Egal, ich wollte raus.
Glücklicherweise bescherte mir dann die Samstagsausgabe des New Zealand Herald nach Recherche und ein paar Telefonaten eine langfristig noch günstigere Alternative. Am Samstag wurde diese unter die Lupe genommen und am Sonntag ohne großes Zögern bezogen. Und dann konnte ich mir die restlichen gebuchten Tage im Hostel auszahlen lassen und bin nun Flatmate bei einem sehr netten Paar in einem ebenso netten Haus ca. sechs Kilometer entfernt von Auckland City. In Maßstäben des Ortes, in dem ich aufgewachsen bin, wäre man mit sechs Kilometern vom "Zentrum" entfernt schon drei Dörfer weiter, hier wohne ich damit aber sogar noch recht zentral. Man muss bedenken, dass es außerhalb der City kaum Häuser (und schon gar keine Wohnhäuser) gibt, die höher als zwei, höchstens drei Stockwerke sind. Die Wohngebiete um Auckland herum ziehen sich kilometerweit, denn jeder hier hat ein kleines oder größeres Holzhaus mit kleinem oder größerem Grundstück drumherum. Je nach Geldbeutel eben. Diese Bauweise beansprucht natürlich Platz. Von oben sieht das dann so aus (irgendwo da wohnen wir jetzt):

(Quelle: Google Maps)


Und von der Seite so (Blick von der Hauptstraße, dickes *daumenhoch* für die 30 Sekunden Sonnenschein, oh Wettergott):



Wenn in den nächsten Wochen mal Zeit ist, gibt es vielleicht noch eine Impression der Häuser aus der Gegend. Mal sehen, wie die Auckländer reagieren, wenn man ihren Grund und Boden fotografiert. Die Waffengesetze sind hier ja glücklicherweise etwas anders als in den USA.

Jetzt habe ich also endlich mein eigenes Zimmer und kann nach Lust und Laune elektrisch geheizte Luft zu unisolierten Fenstern hinausblasen. Der Wettergott wird es mir verzeihen... schließlich ist es ja nur - bis der Sommer wieder kommt - für drei Monate.

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

"Die Waffengesetze sind hier ja glücklicherweise etwas anders als in den USA."

Da hast du Recht, die sind anders: Nämlich um einiges lockerer als in vielen amerikanischen Bundesstaaten
(http://www.police.govt.nz/service/firearms/) und auch der Anteil der Waffenbesitzer in der Bevölkerung liegt höher als z.B. in Kalifornien.
Pass also gut auf dich auf beim Häuser fotografieren. ;-)

Simon hat gesagt…

In Kalifornien haben die Leute ziemlich genau soviele Waffen pro Kopf wie in Neuseeland, nämlich 20%.
Mit ca. 40% bewaffneter Haushalte allgemein sind die USA aber ungefähr doppelt so gut bewaffnet wie die Leute in Neuseeland.
Außerdem ist es meiner Meinung nach wichtiger, was mit den Waffen angestellt wird, womit wir zur Mordrate durch Schusswaffen kommen. Hier weißt die USA einen 30 (!!) mal höheren Wert auf als Neuseeland und Deutschland, die beide auf dem gleichen Level liegen.

Nur eine der Quellen:

http://www.fwr.de/zahlen%20und%20fakten.htm

Anonym hat gesagt…

Völlig richtig. Aber wir sprachen ja nur von den Gesetzen und nicht von den Folgen. Kalifornien hatte ich nur erwähnt, weil die Waffengesetze (und die Verbreitung) in den USA von Staat zu Staat sehr verschieden sind.
Dass Neuseeland bei vergleichbar liberalen Gesetzen weniger Gewaltverbrechen mit Schusswaffen aufweist als die USA ist übrigens auch der Grund, warum deutsche Waffenlobbyisten Neuseeland gerne als leuchtendes Argument für die Unbedenklichkeit von lockerem Waffenrecht anführen.

Simon hat gesagt…

Okok, srysry, so penibel gesehen hattest Du natürlich Recht und ich Unrecht. Ich hätte schreiben sollen: "Die Handhabung von Waffen ist trotz der lockeren Waffengesetze glücklicherweise..." aber dann wäre ich wahrscheinlich schon in der Waffenlobbyistenschublade verschwunden.
Mein Punkt ist: Mich wird schon niemand erschießen, wenn ich das eine oder andere Haus fotografiere. ;)