Sonntag, 16. November 2008

Fartopolis

Rotorua

Anfangs war ich begeistert, dass mein Campingplatz drei Thermalpools hatte, die man umsonst benutzen konnte, doch mit der Zeit wurde mir klar, dass so etwas im Grunde zur Standardausstattung eines jeden Hauses in Rotorua gehört. Ich wusste zwar schon vorher, dass Rotorua eine der aktivsten Thermalgegenden Neuseelands ist, aber was das für das Erscheinungsbild der Stadt an sich bedeutet, wurde mir erst klar, als ich an diesem Tag zu den penetranten Schwefeldämpfen aufwachte, die immer über der Stadt liegen. Rotorua ist nämlich thermal so aktiv, dass der Boden nur so mit Energie um sich wirft. In jedem zweiten Vorgarten gibt es ein dampfendes Loch im Boden, überall in der Stadt dampft es aus den Gullis und der Schwefelgestank ist unüberriechbar... auch wenn man sich erschreckend schnell daran gewöhnt. Diese spezielle Duft brachte Rotorua den Namen "Schwefelstadt" oder etwas derber "Fartopolis" ein, was recht zutreffend ist, denn man wird anfangs das Gefühl nicht los, dass irgendwer gewaltig einen hat fahren lassen. Aber ganz gewaltig!
Diese Energie nutzen die Anwohner natürlich gewinnbringend, indem sie Thermalpools mit den Dämpfen beheizen und die Wärme bei Bedarf speichern.
Mit gerümpfter Nase startete ich also den Tag mit einem deftigen Frühstück im "Fat Dog", wo auf jeden Stuhl eine mehr oder weniger sinnfreie Lebensweisheit gekrakelt war. Diese unterhielten mich über das einwandfreie Essen hinaus und ich legte die grobe Route für den Tag fest.
Als erstes spazierte ich durch den Kuirau Park, in dem es die aus der Thermalaktivität resultierenden Naturwunder in einem ersten Eindruck zu bestaunen gab. Blubbernde Schlammlöcher umringten einen extrem dampfenden See, den man über einen Holzsteg überqueren konnte... auch wenn man nur selten seine Füße erkennen konnte.






Gleich nach einem kurzen Einkaufstrip kam ich entlang der Hauptstraße von Rotorua, der Tukanakai St., (mit Abstecher in einen Jade-Schmuckladen; Jade ist hier der ganz große Renner! Der Brocken im Eingangsbereich war übrigens für schlappe 1,5 Mio NZD zu haben.) zum Rorotua Museum of Art & History, das ich allerdings nur von außen begutachtete (ehemaliges Badehaus für reiche Leute), weil draußen einfach zu gutes Wetter war. Viel spannender war eh der extrem gepflegte englische Garten, der das Museum umgab. Gleich neben den streng getrimmten Hecken gab es Krocket-, Boules- und Bowlsfelder zu bespielen, wobei letzteres eine kuriose Mischung aus Boule und Murmeln ist, bei der die großen Kugeln aber mit Gewichten versehen sind und daher statt eines natürlich geraden Laufes eine Kurve beschreiben, wenn sie gerollt werden. So ganz verstanden habe ich die Regeln nicht, aber Dutzende weiß angezogene Rentner hatten ihren Spaß daran.




Die Stadt war ganz allgemein voller alter Leute, hatte ich den Eindruck, was verwunderlich ist, da die meisten sicherlich nicht wegen der frischen Luft gekommen sind. Als nächstes kam ich an den Lake Rotorua ("Lake Rotorua" heißt übersetzt übrigens soviel wie "Zweiter See", was recht einfallslos ist, da dieser See anscheinend wirklich der zweite war, an dem Häuptling Tamatekapua bei seiner Erforschung des Landes vorbei kam), wo sich dieser Eindruck verstärkte. Hinzu kamen allerdings noch viele leicht versnobte Touristen, die sich - eingewickelt in weißes Polohemd und perfekt gebügelte Freizeithose - mit ihren Miniatur-Camcordern um sich selbst drehten, um nach dem Urlaub ihren clevererweise daheim gebliebenen Schwiegersöhnen den garantiert langweiligsten Videoabend ihres Lebens zu bescheren. Daher war der Eindruck vom Lake Rororua etwas zweigeteilt: Auf der einen Seite die grandiose Landschaft und der wunderschöne See (mit schwarzen Schwänen!), auf der anderen Seite diese fast schon bedrückend touristische Atmosphäre.



Ich nahm von beidem ein wenig mit und ging ein paar Meter weiter am See entlang, wo es eine Maori-Sieldung zu sehen gab, in der die Verschmelzung der Maori-Tradition mit den "modernen" europäischen Gewohnheiten ausnahmsweise mal funktioniert: Das Tamatekapua Meeting House steht dort direkt neben der St. Faith Anglican Church.






Das heiße Wetter und das Rumgelaufe hatte mich gut geschafft also machte ich es mir während der zweiten Hälfte des Tages am Strand vorm Campingplatz bequem. Dort hatte ich Gelegenheit, die thermalen Aktivitäten Rotoruas selbst auszutesten. Ein 30cm tiefes Loch im Sand reichte völlig aus, um heißes Wasser aus dem Boden sprudeln zu lassen. Das heißt natürlich nicht, dass ich danach dann mit dem Buddeln aufgehört hätte. ;)

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