Samstag, 22. November 2008

Joggerinvasion

Von Napier nach Wellington

Kaum war ich auch nur ein paar Kilometer aus Napier heraus gefahren, wurde das Wetter auch schon wieder schlechter. Die Stadt scheint also wirklich in so einer Art Sonnenloch zu liegen... so ähnlich wie Hamburg nur andersrum. ;)
Es ging ziemlich direkt nach Wellington, ich hätte zwar an dem Ort mit der längsten Ortsbezeichnung der Welt halt machen können und ein Foto am Ortseingang machen können, aber das wäre ein Umweg von mehr als hundert Kilometern durch den Busch gewesen. Nur zur Info, der Ort heißt "Taumatawhakatangihangakoauauotamateaturipukakapikimaungahoronukupokaiwhenuakitanatahu" (keine Gewähr für Tippfehler) und ist damit noch länger als "Llanfairpwllgwyngllgogerychwyrndrobwllllantysiliogogogoch" in Wales. Übersetzt heißt der Ortsname ungefähr "Die Kuppe des Hügels wo Tamatea, der Mann mit den großen Knien, der Berge schob, erklomm und verschluckte, bekannt auch als Landesser des Landes, für seinen Bruder Flöte spielte". Und diese Inhalt in nur einem Wort... maori ist schon eine kompakte Sprache.
Kaum war diese Ortsbezeichnung korrekt im Reiseführer durchgelesen, hatte ich die 300km nach Wellington auch schon geschafft. Wellington ist wieder so eine Stadt, die in Wirklichkeit ganz anders aussieht als man sie sich aufgrund des Stadtplans vorstellt. Die Straßen sind zwar ziemlich rechtwinkelig angelegt, aber den Höhenunterschied und die Enge merkt man erst, wenn man selbst da ist. So war auch mein erster Eindruck von Wellington ein eher stressiger als ich auf der Suche nach dem einzigen Campingplatz in der Stadt war. Nachdem ich mich ca. 17einhalb mal verfahren hatte und einige Straßen mit geschätzten 40% Steigung (kein Scherz!) überwunden hatte, fand ich das recht abgewrackte Haus, in dem ich nach dem Zeltplatz fragte. Der verlauste und definitiv unter Drogeneinfluss stehende "Rezeptionist" kratzte sich das Ungeziefer aus der Mütze und winkte mich mit einer Hand hinters Haus, wo ich eine wuchernde Wiese vorfand, auf der erst ein Dutzend grüner Daumen die Sense schwingen müssten, bevor man dort ein Zelt auch nur halbwegs waagerecht aufstellen könnte. Also rollte ich ratzfatz mit meinem Autochen die klippenartige Auffahrt zurück auf die Straße und war nach meiner Irrfahrt schon bereit, im nächsten Hostel abzusteigen. Dieses war aber voll und die Straßen schienen auch immer enger zu werden, weil die Leute gen abend so langsam von der Arbeit nach Hause kamen und ihre Fahrzeuge auf beiden Seiten in die sowieso schon schmalen Straßen stellten. Nach deutschen Verhältnissen wäre damit nur noch eine Fahrspur frei gewesen, was aber niemanden davon abhielt im aufgerundeten Stadttempo in beide Richtungen weiter zu heizen und die Rückspiegel einem erweiterten Belastungstest zu unterziehen. Einheimische erkannte man daran, dass sie die Rückspiegel eh schon eingeklappt hatten. Verkehrstechnisch also schon fast römische Verhältnisse, nur dass weniger Vespas unterwegs waren, was die Lage nicht gerade entspannte.
In diesem Moment beschloss ich, dass Wellington mit dem eigenen Auto nur von Verrückten befahrbar ist und schlug das Zelt ein Stück vor der Stadt auf, von wo ich am nächsten Tag bequem mit dem Bus in die Stadt fuhr, denn in Wellington scheint es genau so viele Parkplätze wie Campingplätze zu geben.

Nach der entspannten Busfahrt wurde zuerst der Stadtspaziergang abgelaufen, um sich einen ersten groben Eindruck zu verschaffen. Gestartet wurde im Regierungsviertel - Wellington ist übrigens die Hauptstadt von Neuseeland, falls das irgendwer noch nicht wissen sollte. Herausstechend war hier das Beehive, das auch wie ein Bienenstock aussieht. Geschmacksache ist die Interpretation der dort arbeitenden Regierungsangestellten als dementsprechend fleißige Bienen, aber die würden sich schon zu beschweren wissen.


Es ging weiter zu den Government Buildings, die 1876 errichtet wurden und zu den größten Bauten der Welt gehören, die komplett aus Holz sind (gegen Colossos im Heidepark können die natürlich nicht anstinken). Von außen sieht man dem Gebäude erstaunlicherweise überhaupt nicht an, dass es nur aus Holz besteht.


Durch die Haupteinkaufsstraße, die der Queenstreet in Auckland recht ähnlich sieht aber irgendwie gemütlicher anmutet, kam ich zum Lambton Harbour und damit endlich zum Wasser.


Es war bestes Wetter und um die Mittagszeit, was ein verrücktes Schauspiel nach sich zog. Auf einmal war die Promenade mit Hunderten von Joggern bevölkert, die ihre Mittagspause mit außenwirksamer Körperertüchtigung verbrachten. Als nicht im Marathon-Dress gekleideter und im Schritttempo Flanierender war man auf einmal hoffnungslos in der Unterzahl und kam sich plötzlich so unglaublich unsportlich vor. Schnell betrat ich das Te Papa, angeblich DAS Museum Neuseelands, das mit seinem protzigen Bau (der übrigens 317 Mio NZD verschlungen hat) das Ufer beherrscht. Meiner Meinung hält das Museum innen aber nicht ganz, was es außen verspricht: Es ist unglaublich modern aufgemacht und überall hängen überdimensionale Flachbildfernseher mit übervisualisiertem Infomaterial. Der Inhalt leidet aber leider etwas darunter, dass große Räume mit bunten Lichtern gefüllt werden und die Flächen mit Leuchtschrift überzogen werden. Alles in allem kam ich mir ein wenig vor wie auf der Expo 2000 in Hannover in einem der unzähligen Pavillions: Alles war bunt und groß und schön und ah und oh... aber die Botschaft / Aussage / Information blieb oft auf der Strecke.
Wirklich beeindruckend war das marae (Versammlungshaus), in dem wichtige maori Stammesführer empfangen werden. Hier wurden die traditionellen maori Muster, die ich schon an anderen Versammlungshäusern gesehen hatte, mit Farben und Strukturen anderer Kulturen innerhalb der Schnitzereien vermischt. Damit wurde es sozusagen für alle Kulturen und alle Menschen geöffnet und durchbricht die Abgeschlossenheit, in der sich die maori sozial gesehen in Neuseeland bewegen. Eine bedeutende Geste, beeindruckend gestaltet.




Dann gab es da noch überlebensgroß die Treaty of Whitiangi zu sehen, das Gründungspapier Neuseelands,...


... und ein paar skurille Figuren auf der "Skulpturen-Terrasse".


Anstatt mir - wie in Napier - die Füße wund zu laufen, ließ ich mich mit dem stadtberühmten Cable-Car (so eine Art Schienenfahrzeug am Seil) den Berg nach Kelburn hochziehen, wo es durch den sehr schönen Botanic Garden wieder zurück in die Stadt ging. Im grandiosen Rosengarten verbrachte ich so viel Zeit, dass ich jetzt mit Rosenbildern nur so um mich werfen kann. ;)







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