Samstag, 20. Dezember 2008

Glühwurmtourismus

Von Raglan über Hamilton nach Waitomo

Mein nächsten Zwischenstopp nach Raglan war Hamliton, Neuseelands größte innländische Stadt. Der Abschnitt über Hamilton im Reiseführer war überraschend kurz, also plante ich keine Übernachtung ein, was die richtige Entscheidung war, denn so richtig viel zu sehen gibt es in Hamilton anscheinend nicht. Beim Durchfahren mutete die Stadt ziemlich industriell und kalt an. Ich kam an der Hauptstraße vorbei und hatte nicht den Eindruck, dass es besonders gemütlich wäre, sich dort länger aufzuhalten. Vielleicht tue ich der Stadt unrecht mit diesem vorschnellen Urteil, aber so war eben mein Eindruck.
Ich fuhr etwas aus der Stadt hinaus zu den Hamilton Gardens, die überraschend schön waren. Es gab verschiedene thematisch unterschiedliche Abschnitte, die alle durch hohe Hecken voneinander getrennt waren, so dass man eher das Gefühl hatte, sich von einem großen Raum (ohne Decke^^) zum nächsten zu bewegen anstatt in einem Garten rumzulaufen. Wenn man sich nach den aufgestellten Schildern richtete, konnte man die zeitliche Entwicklung von Gärten über verschiedene Kulturen hinweg direkt miteinander vergleichen.
Vom Chinese Scholar's Garden ("Ein Platz zum Entspannen, Meditieren und Kultivieren des Geistes... ein Miniaturportrait des Kosmos." 7. Jhd.)...




über den Japanische Garten der Kontemplation aus der Muromachi Periode (13. bis 15. Jhd.), ...

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den Italian Renaissance Garden (15. und 16. Jhd.), ...

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den Indian Char Bagh Garden (17. und 18. Jhd.), ...

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den English Flower Garden (um 1880)...



bis zum American Modernist Garden war alles vorhanden, wobei letzerer eher öde war. Ich hätte nie gedacht, dass das Thema Gartenbau so interessant sein könnte. Auf jeden Fall war es erstaunlich, mit welcher Motivation diese Gärten gepflegt wurden... kein Wunder, dass die Stadt an sich etwas karge rüberkommt, wenn alle Geldmittel für Dünger und Heckenscheren ausgegeben werden. Ich war froh über meine Besucherstatus und die damit einhergehende Freiheit, sich selektiv das Beste herauspicken zu können. :)

Es ging wieder ein wenig Richtung Süden, nach Waitomo. Die dortigen Höhlensysteme beheimaten etwas, das von vielen als DAS Highlight der Nordinsel angesehen wird: Die Glühwürmchen in den Waitomo Caves. Ich war also gespannt und hatte hohe Erwartungen.
Das Örtchen Waitomo kann in Grunde nur die Glühwürmchenhöhlen als Daseinsberechtigung vorweisen; es gibt ein Info-Center, drei Souvenir-Läden mit Höhlenpostkarten, ein Hotel und einen Campingplatz... alles für den Glühwurmtourismus, der übrigens nicht erst seit gestern existiert. Nachdem der Maorihäuptling Tane Tinorau die Glowworm Caves vor guten hundert Jahren einem europäischen Entdecker gezeigt hatte, dauerte es nicht mehr lange bis die ersten Touren für Reisende durch die Caves angeboten wurden. Schnell wurde das Angebot breiter und heute hat man die Möglichkeit, verschiedene Glühwurmhöhlen per Boot, durch Abseilen oder auch Rafting zu erkunden... was natürlich seinen Preis hat. Mit Erschrecken stellte ich fest, dass sich der Preis für eine einfache Tour per Boot durch die Glowworm Caves seit Druck meines Reiseführers fast verdoppelt hatte. Rafting - was ich wirklich gerne gemacht hätte - war preislich also leider absolut nicht drin. Ich buchte die letzte Tour des Tages (weniger Andrang!) und war gespannt.

Mich empfing eine etwas müde wirkende Maori-Frau, die mir die Story der Höhle und den Lebenszyklus der Glühwürmchen runterbetete. Glühwürmchen sind nämlich die Larven der Pilzmücke. Die Larven lassen in feuchten Höhlen klebrige Fäden von der Decke hängen und locken mit ihrem Licht kleine Insekten an, sie sich in den Fäden verfangen und dann verspeist werden. Je nach Menge des Insektenfutters dauert das Larvenstadium sechs bis neun Monate, dann verpuppt sich die Larve und zwei Wochen später schlüpft die Pilzmücke. Da diese keinen Mund hat, lebt sie nur zwei oder drei Tage; gerade lang genug, um Eier zu legen und als Futter für entfernte Verwandte zu enden.
Zu Fuß ging es in die Glowworm Cave, wo ich fragmenthafte Informationen zu Formen und Farben der Stalagtiten und -miten bekam, massenweise durchsetzt mit Hinweisen auf geplante Events in der Höhle (am 24.12. seilt sich Santa Claus vor zahlendem Publikum ab). Hauptsächlich gab es aber eine Auflistung der Probleme zu hören, die es bei der Kommerzialisierung der Höhle im Laufe der Jahre so gab. Nach einigen abschließenden Schenkelklopfern ging es endlich mit dem Boot auf einem unterirdischen Fluß in die Glowworm Cave. Auch wenn die bisherige Präsentation der Höhle eher mies war, der Anblick tausender Glühwürmchen in einer stockfinsteren Höhle ist einfach überwältigend. Die Wahrnehmung von Entfernung verlässt einen so langsam und man kommt sich vor wie unter einem übertrieben leicht grünlich funkelnden Sternenhimmel. Dankbarerweise hatten alle Besucher genügend Zeit sich sattzusehen und dann war die Tour auch schon beendet.
Ich verließ die Höhle mit noch nachhallendem WOW-Effekt, aber mit einem sehr stark abgefertigten Beigeschmack. Naja, die Glowworm Caves sind so gefragt, da muss sich dort wohl niemand mehr so richtig anstrengen.


Abends wartete ich bis es dunkel wurde und spazierte dann den Ruakuri Cave Walk ab, wo es auch vereinzelt Glühwürmchen an den Felswänden zu sehen gab. Mit Taschenlampe nachts im stockfinsteren Busch unterwegs zu sein ist übrigens genau so gruselig wie es sich anhört... vor allem, wenn man gerade durch einen der vielen engen Tunnel kriecht und einem plötzlich Leute entgegenkommen, die man erst bemerkt, wenn sie einen halben Meter vor einem stehen!
Was für ein Tag.


Ach und übrigens war auch noch National Jandal Day.

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