Freitag, 15. Mai 2009

Mitten in Neuseeland

Von Havelock über die Cable Bay nach Nelson

Aus dem kältlichen Havelock ging es schnell weiter nach Westen mit erstem kurzen Zwischenstop an der Cable Bay. Die Cable Bay ist eine eigenartige Landschaftsformation: Durch ungewöhnliche Strömungen ist hier eine Art Steinstrand entstanden, dem allerdings das Land hinter dem Strand fehlt. Das ganze sieht dann ein wenig wie ein Damm oder eine schmale Verbindung des Festlands mit der benachbarten Insel aus, daher auch der Name Cable Bay, da die Steine wie ein Kabel zwischen Insel und Festland aussehen.



Um mir diese landschaftliche Skurillität im Überblick ansehen zu können, stieg ich auf den nicht weit entfernten Aussichtspunkt und bekam dort von einer Wanderin den Tip, noch ein wenig höher den Hügel hinaufzusteigen, von da hätte man eine wundervolle Aussicht auf die gesamte Bucht und auf der anderen Seite sogar auf Nelson, das ich an diesem Tag abends noch sehen sollte. "Sind auch nur zehn Minuten. Man kann den Punkt von hier schon sehen."
Und tatsächlich konnte man von unten den Endpunkt des Hügels sehen, der in der von ihr angegebenen Zeit erreichbar erschien. Ich erklomm also den Hügel und es stellte sich heraus, dass sich hinter dem ersten Hügel ein zweiter Hügel befand, ungefähr doppelt so hoch. Hm, nochmal zehn Minuten investieren, nachdem ich schon zehn Minuten gelaufen bin? Klingt machbar. Ich lief also weiter. Und war dies der Aussichtspunkt? Nein, natürlich nicht. Oben angekommen offenbarten sich mir zwei weitere Anhöhen, hinter denen sich womöglich noch einige weitere befanden. Mich hatte mittlerweile aber schon der Ehrgeiz gepackt, diesen blöden Aussichtspunkt heute noch zu erreichen. So wurde aus zehn Minuten Weg eine gut zweistündige steile Wanderung, die aber tatsächlich die versprochene grandiose Aussicht lieferte.




Auf dem Rückweg kamen mir zwei eindeutig als Amerikanerinnen identifizierbare ("Back in Texas we have...") Frauen entgegen, die hochengagiert den Hügel hochstapften. Die beiden waren lustigerweise so gekleidet, wie wenn man in den späten 80ern sicherstellen wollte, dass auch jeder kapiert, dass man jetzt Sport macht und nicht einfach nur zufällig Shorts und T-Shirt trägt, weil es zu warm ist oder so: Neon-Leggins, neon Shirt, neon Stirnband, neon Armschweißbänder, neon Socken und neon Turnschuhe... von pink, über gelb bis hin zu grün war alles dabei. Die beiden sahen aus, als wären sie gerade erst als Background-Vocals einem Tina Turner Musikvideo entflohen und dann direkt zu einem Dauerwerbesender gewechselt, um Fitnessmultifunktionsgeräte an Leute zu kommunizieren, die selbst beim Einkaufen zu faul sind, sich aus dem Fernsehsessel zu schälen, sondern lieber ihre Kreditkartennummer über das Telefon weitergeben. Für ein Foto war ich leider nicht dreist genug und so fuhr ich weiter nach Nelson.
Die Straße nach Nelson ist direkt am Wasser gelegen, was schon etwas Vorfreude auf den Abel Tasman Park machte, den ich mir zwei Tage später anschauen wollte. Nach einem kurzen Besuch im Visitor Info Center lief ich die knuffige Hauptstraße der Stadt entlang, die zu einem Kirchengebäude führt, das gar nicht so kontrovers aussieht, wie es bei der Errichtung diskutiert wurde. Von der Grundsteinlegung bis zur Weihung des Gebäudes vergingen 47 Jahre, da irgendwem immer mal wieder irgend etwas nicht passte und der Bau sich verzögerte.



Danach ging es gleich weiter zur Botanical Reserve und dort schon wieder hoch zu einem Aussichtspunkt der gleichzeitig die geographische Mitte Neuseelands markiert. Die Aussicht und das Foto genau in der Mitte Neuseelands waren mir dann ein paar zusätzliche Höhenmeter wert.




Nach einem kurzen Abstecher in den lokal berühmten Miyazu Japanese Garden, der allerdings etwas verlassen und leicht deplatziert mitten auf einer riesigen Wiese wirkte, versuchte ich, zum Sonnenuntergang auf die Nelson vorgelagerte Strandzunge zu kommen.



Dies stellte sich entgegen der Info des Tourist Centers leider als unmachbar heraus und so stellte ich mein rollendes Metallzelt einfach am Stadtstrand abseits der Straße ab und genoss die im Meer versinkende Sonne aus meinem Kofferraum heraus.


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